Der Schutzhundesport (SchH, VPG, IPO, heute IGP) ist die Mutter des modernen Hundetrainings. Es leitet den aktuell vorherrschenden Hundeerziehungs-standard an. Die internationale Verbreitung des IGP führte zu Innovationen im Bereich der Familienhun-dehaltung.
Vermutlich hat der IGP, damals ein reines Training zur Ausbildung für den Polizeidienst bzw. für die Durchsetzung politischer Ideen, seine Wurzeln in der Schäferei. Es waren schnelle Hunde von Nöten, die präzise, und noch bevor der Schäfer seine Anweisung äußerte, reagierten. Die besten Hunde für diese Arbeit waren die, die problemlos aus dem Liegen in den Vollsprint wechselten. Die, die keine Sekunde unaufmerksam waren, denn sie hatten die Herde, den Menschen und ihre Position im Blick.
Die Vereinigung von kognitiver und motorischer Höchstleist-ung ist beeindruckend.
So machte sich der Mensch diese Eigenschaften, ganz nach seiner neugierigen Natur, auch in anderen Dingen zunutze.
Wie sehr sich die Arbeit eines Schäfers von der eines Jägers unterscheidet, ist heute deutlich in der klaren, unbewussten Trennung zwischen Schäfer- und Jagdhunden zu spüren.
Jagdhunde genießen, im Gegenteil zum Schäferhund, einen elitären Status. Wer einen Jagdhund besitzt, der besitzt auch Zeit, Geld und Wissen.
Der Schäferhund bedient etwas, wonach jeder primitive Mensch strebt. Stärke, Macht und Unantastbarkeit. Die Fähigkeit sich durchzusetzen, mit Präsenz und wenn nötig mit Gewalt. Dieses Konzept der Statusgewinnung ist durch seine Deutlichkeit einfach zu verstehen. Es braucht nicht viel Zeit, Geld und Wissen, um einem Schäferhund Anweisungen und deren korrekte Ausführung beizubringen. Er tut es fast von allein. Nicht umsonst ist es der Malinois und nicht der Dobermann, der die Arbeit am besten verrichtet.
Bei Betrachtung dieser Symbole tut man gut daran, hier nicht in eine Debatte darüber zu geraten, welche Partei intelligenter handelt.
Jeder lernt als Jüngling, dass derjenige intelligent ist, der Zusammenhänge innerhalb eines Konzeptes versteht und mit diesen arbeiten kann. Ob es sich dabei um das einfache Einmaleins oder um ein Medizinstudium handelt, ist dabei gleich.
Bereits in Vergangenheit sind Menschen mit hoher kognitiver Leistungsfähigkeit inhumanen Ideologien verfallen, weil sie sich zu Konzeptverteidigern haben ausbilden lassen. Intelligenz ist anfällig für Fehlannahmen durch den Intelligenten selbst.
Besonders, wenn neugierige Forschung bestraft oder anderweitig verhindert wird. Zum Beispiel durch grenzenlose Bedürfnisbefriedigung durch Kräfte von Außerhalb.
Nicht selten werden Hütehunde als intelligente Hunde bezeichnet. Ihre Fähigkeit Konzepte zu verstehen und zu verteidigen, macht sie zu perfekten Allroundern, die sich mit wenig Aufwand in jede erdenkliche Lebenslage formen lassen. Die einzige Voraussetzung ist, dass der Hütehund dauerhaft mit etwas beschäftigt wird, damit er danach zu müde für eigene Meinungen ist.
„Ein müder Hund, ist ein glücklicher Hund“ – eine populäre Annahme.
Eigentlich dürfte es nicht verwunderlich sein, dass eine Welt, die immer mehr nach Sicherheit und Kontrolle strebt, den Hundesport ins Visier nimmt und ihn als Sündenbock für die weitaus tiefer liegenden Probleme der zunehmenden Verrücktheit unserer Hunde auserkoren hat. Weise Voraussicht?
Um diese Frage zu beantworten ist es notwendig den Rahmen des Hundesports zu verlassen.
Zwar ist der Sport nicht der Grund, doch feuert er die Annahme "Hunde sind gefährlich und müssen in jeder ihrer Zellen durch den Menschen kontrolliert werden" an.
Für den Hundesportler sind es nun die Familienhunde, welche alles andere tun als jederzeit vor ihren Herren zu salutieren, die der Grund, der Sündenbock, für das schleichende Verbot des Hundesports sind.
Weil niemand der Sündenbock sein will, werden aus Familienhunden kurzerhand Gebrauchshunde. Gemeinsam lässt sich leichter ein Schuldiger finden.
Der Tierschutzhund aus Rumänien braucht für ein erfülltes Leben Agility, der Deutsche Schäferhund muss ins IGP, der Labrador wird ohne Dummy-Training nicht mehr glücklich. Nicht zu vergessen der Boxer, der jetzt im Altenheim zum Therapiehund ausgebildet wird, oder der Shiba Inu, dessen Ungehorsam ein Verbrechen an der menschlichen Güte darstellt. Wie kann er es wagen eigenständig zu sein?
Diese Entwicklung ist ein deutliches Beispiel dafür, dass allein der Mensch sich seine Realität erschafft. Nur muss die vermeintliche Wahrheit des Menschen nicht die Wahrheit der Hunde sein.
Wurde in Vergangenheit nicht nachdrücklich genug demonstriert was passiert, wenn einer meint die „Wahrheit“ zu kennen?
Die Debatte über das Verbot des (Schutz)Hundesports hat längst nichts mit den Hunden zu tun. Es geht um Weltbilder.
Um die Stabilität und Sicherheit einer bekannten Welt.
Weshalb sonst ruft dieses Thema auch bei Nicht-Hundehalten starke Emotionen und Meinungen hervor?
Wo der Mensch mit positiver Verstärkung nicht weiter kommt, da kommen die Stricke zum Einsatz. Eine schöne Leine für das Training in der Stadt, eine kurze Leine für das Training auf dem Platz, eine lange Leine für das Training in der Natur.
Ein Maulkorbtraining um vorsorglich die letzte, direkteste Möglichkeit der freien Meinungsäußerung des Hundes zu verhindern.
Ein Hundekontakttraining, weil auch das soziale Leben des Hundes zu gefährlich ist - am besten mit Maulkorb, versteht sich. Das moderne Hundetraining passt nicht in eine Welt, in der jeder eine Stimme hat. Es ist lediglich der Versuch sich alte Ansichten über Tiere, Freiheit und Natur schön zu reden, weil die Erkenntnis darüber, dass man selbst für das Leid der Welt verantwortlich sein könnte zu sehr schmerzt.
Wie der Schäferhund, begibt sich der Mensch im Vollsprint in die Flucht nach vorne, bellt und beißt. Die meisten sind sich ihrer kognitiven Dissonanz nicht einmal bewusst, so tief leben sie noch nach den verkrusteten Hierarchien einer untergehenden Welt.
Ideen dafür werden massiv durch sogenannte "Hundesportler", besser noch „zertifizierte Hundetrainer“ verbreitet.
Nun scheint es nicht der Hundesport selbst zu sein, sondern liegt es in der unersättlichen Gier des Menschen alles Schöne, alles Mächtige zu besitzen und es mit allen Mitteln zu verteidigen. Es reicht nicht einen Hund zu haben, nein, er muss etwas können.
Etwas tun, arbeiten, um seine grundlose Existenz zu legitimieren. Ungefähr so, wie der Mensch es tut. Nur, dass der Hund eigentlich keine Lust auf Arbeit hat. Ganz ehrlich, wer hat das schon?
Der Mensch selbst unterschätzt sein eigenes Ruhebedürfnis.
Burnouts sind schon lange keine Ausnahme mehr. Vielmehr sind sie eine Begleiterscheinung des Menschen. Sie treten immer dort auf, wo Menschen von der Freiheit inspiriert werden und diese durch Arbeit, Sicherheit und finanzielle Stabilität zu erreichen versuchen. Jeder, der nach einem Burnout beginnt sich selbst zuzuhören, stellt an erster Stelle fest wie müde er/sie doch ist. So müde, dass selbst eine Woche durchzuschlafen keine Linderung verschafft.
Ich denke bei diesen Worten an den Hund; dessen Schlafbedürfnis & Ruhebedürfnis, je nachdem wer diese Information weitergibt, irgendwo zwischen 14 und 22 Stunden liegt. Bei aller Liebe, wer seinen Hund nach den Methoden des modernen Hundetrainings erzieht, der wird diesem Ruhebedürfnis in keiner Weise gerecht. Vor allem dann nicht, wenn er oder sie davon ausgeht, dass der Organismus mit Tagesanbruch alle seine gestrigen Erlebnisse löscht und lediglich die "Guten" übrig lässt.
Kein Wunder also, dass immer mehr Hunde, nach Vorbild und Idee des Menschen, Anzeichen eines Burnouts zeigen. Nein, ein Burnout äußert sich nicht zwangsläufig in Trieb- und Teilnahmslosigkeit.
Was bleibt also hängen, wenn der Familienhund nun der Mentalität des Hundesports unterliegt? Wie kompliziert kann Hundehaltung noch werden?
Lieber etwas freiwillig tun, als von anderen dazu gebracht werden zu tun was sie wollen.
Liberté, Égalité, Fraternité.
©Urheberrecht. Alle Rechte vorbehalten.
Wir benötigen Ihre Zustimmung zum Laden der Übersetzungen
Wir nutzen einen Drittanbieter-Service, um den Inhalt der Website zu übersetzen, der möglicherweise Daten über Ihre Aktivitäten sammelt. Bitte überprüfen Sie die Details in der Datenschutzerklärung und akzeptieren Sie den Dienst, um die Übersetzungen zu sehen.